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Dr. Ulf Quentin

Zeit und Licht

D ie Herstellung von mechanischen Uhren verlangte schon immer extreme Genauigkeit. Kein Wunder also, dass die Uhrenindustrie bei fast jeder Baugruppe auf das Werkzeug Laser setzt.

Eine der ersten industriellen Anwendungen des Lasers war das Schweißen von Uhrenfedern für Armbanduhren. Bereits 1964 stellte die Firma Haas aus Schramberg im Schwarzwald dazu Untersuchungen an. Um die Uhrenfedern zu schweißen, waren nur geringe Leistungen notwendig, da die anzuschweißenden Stahlfedern lediglich Durchmesser unterhalb eines Millimeters aufwiesen.

Bald darauf begann Haas mit der Entwicklung eigener Strahlquellen, so dass 1971 der erste eigene Festkörperlaser, ein Nd:YAG-Stablaser, vorgestellt wurde. Von 1992 an begann TRUMPF, sich an der Haas Laser GmbH zu beteiligen, um das eigene Strahlquellen-Portfolio zu erweitern, das damals vor allem aus CO2-Lasern bestand. Aus Haas Laser ist der heutige TRUMPF Standort in Schramberg hervorgegangen, an dem die Entwicklung und Fertigung der Festkörperlaser durchgeführt werden.

Mechanische Armbanduhren bestehen aus einer Vielzahl kleiner Komponenten mit geforderten Genauigkeiten im Mikrometerbereich. Eine mechanische Bearbeitung dieser Komponenten ist im besten Fall schwierig, im schlimmsten aber schlicht unmöglich. In diesen Fällen ist die Lasertechnologie prädestiniert für den Einsatz in sehr unterschiedlichen Fertigungsprozessen in allen Baugruppen.

Quarzuhren und Smart Watches

Neben den oben genannten laserbasierten Prozessen bei der Herstellung mechanischer Uhren, ist der Laser ein ebenso wichtiges Werkzeug bei der Erzeugung von Quarzuhren oder den neueren Computeruhren, den sogenannten Smart Watches. Viele Bauteile werden sowohl in mechanischen als auch in Quarzuhren verwendet. Hierzu gehören Zeiger, Ziffernblätter und Appliken, Armbänder, Gehäuse und Lünetten und schließlich das Uhrenglas. Bei Smart Watches lässt sich schließlich noch die Fertigung der Computerchips dazu zählen, die ebenfalls auf Lasertechnik beruht.

Zusätzlich bietet die Lasertechnik ein breites Spektrum an Markierverfahren, die von der Nummerierung von Bauteilen bis zur Markierung von Designelementen auf nahezu allen Materialien angewendet werden können.

Mikroschweißen

Wie eingangs erwähnt war die erste laserbasierte Applikation in der Uhrenindustrie das Schweißen der Unruh, die den Takt eines mechanischen Uhrwerks vorgibt. Noch heute ist dies eine verbreitete Anwendung und das Laserstrahlschweißen der industrielle Standard. Die gute Fokussierbarkeit von Laserstrahlung ist hier der Schlüssel zum Erfolg der Applikation, da mit guter Fokussierbarkeit auch eine geringe Wärmeeinflusszone einhergeht, so dass der Verzug minimiert wird.

Die Positionierung der zu fügenden Elemente ist bei diesem Prozess im Hinblick auf geringe Prozesszeiten eine Herausforderung und auch hier besitzt die Laserstrahlung durch ihre besonderen Eigenschaften Vorteile: Der masselose Strahl ermöglicht ein berührungsloses Verfahren, so dass keinerlei mechanische Beeinträchtigung der Positionierung der Fügepartner entsteht.

Für den Einsatz im Laserstrahl-Mikroschweißen eignen sich gepulste Laser mit hoher Strahlqualität besonders, wie zum Beispiel der TruPulse 21 von TRUMPF mit einer Wellenlänge von 1.064 Nanometern, einer einstellbaren Pulsdauer im Millisekunden-Bereich und einer sehr hohen Strahlqualität von 4 mm∙mrad. Durch den gepulsten Betrieb des Lasers lassen sich kurzzeitig vergleichsweise hohe Intensitäten erreichen, die zu einem schnellen Aufschmelzen und Verschweißen führen, ohne dass ein großer Energieanteil durch Wärmeleitung zu Verzug führt.

Sehr filigrane Formen ohne mechanische Belastung: lasergeschnittener Zeiger einer Armbanduhr.

Der Laserstrahl arbeitet extrem präzise und nachbearbeitungsfrei. Das eignet ihn perfekt für den Zuschnitt von Zahnrädern. Hier wird meist das Schmelzschneiden verwendet.

Beim Schmelzschneiden schmilzt das Material in der Schnittfuge unter Schutzgasatmosphäre auf und die Schmelze wird durch den Gasdruck ausgetrieben.

Das Materialspektrum beim Feinschneiden reicht von Edelstahl – wie hier – über Kupferverbindungen bis hin zu synthetischen Rubinen für Lagersteine.

Eine der ersten industriellen Anwendungen für Laser: lasergeschweißte Uhrfeder.

Der Schweißpunkt hat einen Durchmesser von 0,2 Millimetern

Schweißen hochreflektiver Werkstoffe

Zusätzlich helfen die höheren Intensitäten gepulster Laser bei Schweißen hochreflektiver Werkstoffe wie Legierungen auf Kupferbasis. Beim Schweißen mit kontinuierlichem Strahl eignen sich Singlemode-Faserlaser der TruFiber Serie aufgrund ihrer hervorragenden Strahlqualität sehr gut. Um die geforderten Genauigkeiten zu erreichen werden für den Prozess zumeist dreiachsige Maschinen mit lateralen Genauigkeiten (x/y) von circa 5 Mikrometern eingesetzt. An das gesamte Maschinenkonzept werden also ähnlich hohe Anforderungen gestellt wie an den verwendeten Laser.

Neben dem Fügen von Uhrfedern wird das Laserstrahl-Mikroschweißen in der Uhrenindustrie unter anderem bei der Fertigung von Lünetten, Gehäusen und Metall-Armbändern eingesetzt. Das Werkstoffspektrum reicht hier von verschiedenen Edelstählen über Kupferlegierungen (Kupferberyllium, Messing) bis hin zu Gold.

Feinschneiden mit Faserlaser

Das neben dem Schweißen größte Anwendungsgebiet der Lasertechnik ist das Schneiden und so verwundert es nicht, dass sich auch eine Vielzahl von Schneidanwendungen bei der Fertigung von Uhren finden. Im Genauigkeitsbereich der Uhrenindustrie handelt es sich ausschließlich um das sogenannte Feinschneiden. Hierbei sind maximale Präzision bei minimalen Schnittfugen und gleichzeitig hoher Qualität der Schnittkanten gefordert.

Aus diesem Grund kommen vorwiegend Faserlaser wie die Geräte der TruFiber-Serie zum Einsatz. Der Grund ist hier die bereits erwähnte hervorragende Strahlqualität (M² < 1,1), die eine bestmögliche Fokussierung des Strahls erlaubt. Als Schneidverfahren wird dabei das Schmelzschneiden verwendet, bei der das Material in der Schnittfuge unter Schutzgasatmosphäre (Stickstoff, Argon) aufgeschmolzen und die Schmelze durch den Gasdruck ausgetrieben wird.

Die Anwendungen des Laserstrahl-Feinschneidens sind in der Uhrenindustrie noch zahlreicher als die des Mikroschweißens. Den größten Anteil haben dabei die verschiedenen Zahnräder des Uhrwerkes. Weitere Schneidanwendungen stellen die Zeiger, die Ziffernblätter und verschiedene Appliken dar. Die Materialien reichen von Edelstählen über Kupferverbindungen bis hin zu synthetischen Rubinen, die als Lagersteine verwendet werden oder Bestandteil des Ankers sind. Die geforderten Genauigkeiten sind beim Feinschneiden sogar noch höher als beim Mikroschweißen und betragen circa zwei Mikrometer in den Arbeitsebenen der verwendeten Dreiachsmaschinen.

Mikrobearbeitung mit Ultrakurzpulslasern

Ein besonderes Potenzial für die Mikromaterialbearbeitung bieten Ultrakurzpulslaser, die sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und industrielle Anwendungen erobert haben. Ultrakurz werden Laserpulse mit Dauern im Bereich von Piko- und Femtosekunden genannt. Derart kurze Pulse ermöglichen grundlegend andere Mechanismen der Wechselwirkung zwischen Laserstrahl und Material und erweitern so das Anwendungsgebiet der Lasertechnik.

Die Materialbearbeitung mit längeren Pulsen ist immer ein thermischer Prozess: Der Werkstoff wird, je nach Intensität, erhitzt, geschmolzen, verdampft oder direkt sublimiert, was bei richtiger Parameterwahl zum Schneiden, Schweißen, et cetera genutzt werden kann. Hierbei bildet sich durch Wärmeleitung im Material immer eine Wärmeeinflusszone aus, auch wenn diese durch die Präzision des Werkzeugs Laser meist sehr begrenzt ist und das Bearbeitungsergebnis oftmals nicht beeinträchtigt.

Die Materialbearbeitung mit ultrakurzen Laserpulsen verläuft jedoch grundlegend anders. Durch die kurze Dauer der Pulse ergeben sich sehr hohe Pulsspitzenleistungen und bei geeigneter Fokussierung extreme Leistungsdichten auf dem Werkstück von bis zu 1018 Watt pro Quadratzentimeter. Zum Vergleich: Für das Tiefschweißen von Stahlblech werden circa 106 Watt pro Quadratzentimeter benötigt.

Höhere Präzision dank „Kalter“ Bearbeitung

Durch diese extremen Intensitäten wird das Material quasi instantan ionisiert und somit in den Plasmazustand überführt. Das entstehende Plasma steht unter einem sehr hohen Druck und expandiert daher von der Werkstoffoberfläche, wodurch ein Materialabtrag erreicht wird. Die überschüssige Energie wird dabei im Plasma- oder Materialdampf transportiert und kann sich nicht durch Diffusion im umliegenden Material als Wärme ausbreiten.

Dadurch lässt sich die Entstehung einer Wärmeeinflusszone verhindern oder zumindest stark einschränken, so dass man im Zusammenhang mit ultrakurzen Laserpulsen auch von „kalter Bearbeitung“ spricht. Hierdurch lässt sich mit Piko- und Femtosekundenlasern mit einer nochmals gesteigerten Präzision Schneiden, Bohren und Abtragen, wenngleich die Prozessgeschwindigkeiten geringer sind als mit Nano-, Mikro- oder Milisekundenpulsen.

Pikosekundenlaser in der Uhrenindustrie

Mittlerweile gibt es jedoch auch mehrere Anwendungen in der Uhrenindustrie, in der der Pikosekundenlaser seine Vorteile ausspielen kann. So werden teilweise bereits Zahnräder mit Hilfe von Lasern der TruMicro Serie 5000 mit Pulsdauern von zehn Pikosekunden geschnitten, die durch diesen Prozess präzise und nacharbeitsfrei gefertigt werden. Eine weitere Anwendung ist das Schneiden von Sekundenstoppfedern. Die Federn werden aus Stahlblech mit einer Stärke von lediglich 0,01 bis 0,05 Millimetern ohne jeglichen Verzug ausgeschnitten.

Neben der bereits erklärten Steigerung der Präzision, ermöglichen ultrakurze Laserpulse auch die Bearbeitung von Werkstoffen, die mit längeren Pulsen nicht oder nur sehr eingeschränkt prozessierbar sind. Hierzu gehören vor allem Materialien sehr großer Härte und Sprödigkeit, die nicht spanend bearbeitet werden können und weiterhin transparente oder hitzeempfindliche Werkstoffe, bei denen sich Laser mit längeren Pulsen nicht eignen.

Ein Beispiel hierfür sind Hemmungen, bei denen Anker und Ankerrad wegen seiner Magnetisierbarkeit nicht aus Stahl, sondern aus Silizium geschnitten werden. Die filigranen, gewichtssparenden Konstruktionen lassen sich mit keinem anderen Verfahren in der gleichen Genauigkeit herstellen.

Pikosekundenlaser schneiden kleinste Feinmechanik-Bauteile ohne Verzug; hier eine Sekundenstoppfeder für Armbanduhren aus 0,05 Milimeter starkem Edelstahl.

Zuschnitt per Ultrakurzpulslaser: Uhrzeiger aus 0,05 Milimeter starkem Edelstahl. Die schlitzförmigen Aussparungen lassen Platz für eine spätere fluoreszierende Beschichtung.

Bei Lünetten und Uhrengehäusen aus Keramik: Kein anderes Werkzeug als ultrakurzgepulstes Licht kann solche Konturen in Keramik mit solcher Geschwindigkeit und Präzision erzeugen.

Extrem saubere Keramik-Bohrung unter dem Elektronenmikroskop mit dem Ultrakurzpulslaser.

Bei Uhrengläsern und Ziffernblättern aus Saphir: Die kalte Bearbeitung mit ultrakurzen Pulsen bringt keine Wärme ein und vermeidet damit Mikrorisse, die Bauteil wie dieses dünne Saphirplättchen schwächen würden.

Der dreieckige Durchbruch in einem Saphirplättchen hat auch unter dem Elektronenmikroskop bis in die Spitzen fast perfekte Kanten.

Smartphone-Display: Chemisch vorgespannte Gläser wie etwa für Tablets und Handys kommen auch bei Uhren in Mode. Pikosekundenlaser schneiden solche Gläser wirtschaftlich und präzise.

Bearbeitung von Keramik und Saphir

Neben Stahl und Edelmetallen werden weiterhin Lünetten oder ganze Uhrengehäuse aus Keramiken gefertigt. Diese haben den Vorteil sehr großer Härte, so dass sie kaum anfällig für Dellen und Kratzer sind. Das Einbringen von Bohrungen oder Oberflächenstrukturen durch Materialabtrag bildet wiederum eine Anwendung, für die ultrakurze Laserpulse prädestiniert sind.

Darüber hinaus lassen sich Uhrengläser und Ziffernblätter aus Saphirglas nicht nur schneiden und bohren, sondern mit dem Pikosekundenlaser auch im Volumen markieren. Mit einer Moshärte von neun ist Saphir nach Diamant das zweithärteste transparente Material und bietet damit einen großen Widerstand gegenüber Kratzern, lässt sich aber gleichermaßen mechanisch kaum bearbeiten.

Wachsende Verbreitung finden derzeit chemisch vorgespannte Gläser, wie sie vor allem für Tablet-Computer und Smartphones, aber auch für Uhrengläser verwendet werden – ebenfalls aufgrund ihrer Härte und Kratzbeständigkeit. Auch hier erfolgt der Zuschnitt der Glasscheiben präzise und wirtschaftlich mit dem Pikosekundenlaser.

Teile per additivem Laserstrahlschmelzen

Ein weiterer laserbasierter Fertigungsprozess könnte in naher Zukunft in den Fokus der Uhrenindustrie rücken: die additive Fertigung mittels Laserstrahlschmelzen. Hierbei wird ein Bauteil schichtweise aus einem Pulverbett aufgebaut, indem das Pulver mit einem fokussierten Laserstrahl selektiv aufgeschmolzen und dadurch verbunden wird. Bei diesem Verfahren sind den Gestaltungsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt, da auch komplexe, dreidimensionale Strukturen mit Einschlüssen und Hinterschnitten hergestellt werden können.

Verglichen mit Gießverfahren oder subtraktiven Prozessen, ist die additive Fertigung jedoch zumeist langsamer und ist daher für die Massenfertigung nur eingeschränkt geeignet. Bei einer immer höheren Variantenvielfalt getrieben vom allgemeinen Trend zur Individualisierung von Produkten, kann die additive Fertigung schnell wirtschaftlich werden. Gerade in der Uhrenindustrie, die zu großen Teilen Luxusgüter produziert, eröffnen sich so große Potenziale für kleine Serien oder sogar Einzelstücke.

Die laserbasierte additive Fertigung ist hierfür die ideale Technologie und könnte die Uhren- und Schmuckindustrie künftig entscheidend verändern.

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