KI_Stage
Dr. Manuel Thomä

Kluge Köpfe und KI: Drei Beispiele für mehr Effizienz in der Fertigung

D ank Künstlicher Intelligenz (KI) schweißen und schneiden Laser noch präziser. Maschinen sortieren Blechteile fehlerfrei und Kunden steigern ohne großen Programmierungsaufwand die Effizienz ihrer Anlagen. KI ist deswegen längst fester Bestandteil bei TRUMPF, egal ob in der Ausbildung oder den Bereichen Werkzeugmaschinen und Lasertechnik.

Programmieren war gestern: Die Bildverarbeitung VisionLine Detect erkennt die Positionen fürs Laserschweißen jetzt mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Bislang war dafür langes Programmieren und viel Erfahrung seitens des Anwenders nötig. Jetzt reicht es aus, wenige Bilder in die Cloud-Anwendung „EasyModel AI“ hochzuladen und die Schweißpositionen an den Teilen per Maus zu markieren. EasyModel AI erstellt daraufhin ein KI-Modell für die Bildverarbeitung VisionLine Detect, das sich selbst trainiert. So erkennt VisionLine Detect die Schweißpositionen eigenständig und positioniert den Laser korrekt auf dem Bauteil – und das sogar noch schneller und präziser als zuvor. Die neue Lösung EasyModel AI ist nur ein Beispiel dafür, wie vielfältig KI in dem Familienunternehmen bereits heute zum Einsatz kommt.

Team_AI

Team KI: Jens Ottnad, Louisa Peters und Florian Kiefer (von links) bringen in ganz unterschiedlichen Unternehmensbereichen den Einsatz von KI bei TRUMPF weiter voran.

Vorbehalte überwinden

„Ich will keine KI in meiner Fertigung!“ Diesen Satz hört Florian Kiefer von der TRUMPF Lasertechnik immer wieder von Kunden. Skepsis lässt sich meist nur abbauen, wenn die Anwender die KI in ihrem Arbeitsalltag selbst erleben. Etwa mit der TRUMPF Cloud-Anwendung EasyModel AI, einer KI-Unterstützung für die Teileerkennung beim Laserschweißen. Sie stabilisiert dank Bilderkennung den Produktionsprozess. Das bringt insbesondere in der Großserienfertigung Vorteile, etwa im Automobilbau, erhöht im Idealfall die Stückzahlen und entspricht dabei den höchsten Datenschutzstandards. Die Begeisterung ist dem Leiter der Sparte Produktmanagement Performance Solution von TRUMPF Lasertechnik anzusehen.

Herkömmliche Bilderkennungssysteme ohne KI stoßen bei komplexen Geometrien, sehr kleinen oder stark reflektierenden Bauteilen an ihre Grenzen. Das betrifft etwa Batteriezellen, empfindliche Elektronikkomponenten oder runde, reflektierende Kabel, die präzise verschweißt werden müssen. In diesen Anwendungsfällen führt der Laser tausende Schweißaktionen in wenigen Sekunden durch. Erkennt ein herkömmliches Bilderkennungssystem ein Teil nicht exakt, können schon kleinste Fehler gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. Schon minimale Abweichungen machen etwa ganze Autobatterien unbrauchbar, was nicht nur den Ausschuss erhöht, sondern auch die Kosten schnell in die Höhe treibt. Das von EasyModel AI entwickelte KI-Modell für VisionLine Detect kann dieses zentrale Problem beim Laserschweißen lösen.

EasyModel_AI

EasyModel AI: Wer das Online-Tool nutzen will, braucht keine KI-Kenntnisse, sondern nur gute Bilder seiner Bauteile. Die Anwendung ist leicht zu verstehen und zu bedienen.

Efficiency

Effizienzsteigerung: Die Vorbehalte gegenüber KI lassen sich am besten überwinden, wenn die Stückzahlen steigen.

Keine KI-Kenntnisse nötig

Seit drei Jahren treibt Florian Kiefer als Produktmanager die Entwicklung von EasyModel AI voran. Er sprach zunächst mit zahlreichen Kunden, analysierte den Markt und setzte sich für eine einfache, cloudbasierte Lösung ein. Wer EasyModel AI heute nutzen will, braucht keine KI-Kenntnisse mehr, sondern nur gute Bilder seiner Bauteile. Der Nutzer lädt diese Bilder in der Anwendung hoch, markiert die Schweißpositionen farblich mit einem einfachen Werkzeug, wie man es aus dem Microsoft-Programm „Paint“ kennt, und die KI trainiert automatisch. Bei wenigen Bildern kennzeichnet der Nutzer die Schweißpunkte selbst. Danach macht das Modell eigenständig Vorschläge für die Schweißpunkte, die der Anwender nur noch überprüfen und gegebenenfalls korrigieren muss. Nach dem Training von zehn bis 50 Bildern erstellt EasyModel AI ein zuverlässiges KI-Modell. Dies dauert in der Regel nur wenige Minuten bis maximal einige Stunden. Der Anwender lädt das KI-Modell herunter und überträgt es in die Bildverarbeitungssoftware VisionLine Detect, die nun mit hoher Zuverlässigkeit die Teile wiederholgenau erkennt. Das Laserschweißsystem übernimmt dann den Rest und weiß genau, wo es seine Schweißpunkte setzen muss.

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Jens Ottnad: Der promovierte Maschinenbauer kommt aus der KI-Entwicklung und Forschung und will als Ausbildungsleiter TRUMPF zu einem datengetriebenen Unternehmen entwickeln.

Daten, Daten, Daten

„Wir brauchen Menschen, die schon beim Erzeugen von Daten verstehen, welche davon für das Unternehmen und den jeweiligen Produktionsprozess relevant sind.“ Jens Ottnad ist auch deshalb globaler Ausbildungsleiter bei TRUMPF geworden, um genau diese Fähigkeiten jungen TRUMPF Mitarbeitern näherzubringen. „Das ist der größte Wandel, den wir vor uns haben. Deswegen sollten möglichst viele verstehen, wie KI im Groben funktioniert.“

Welche zentrale Rolle KI für TRUMPF spielt, dafür steht ein Stück weit auch der Werdegang von Jens Ottnad. Ottnad ist promovierter Maschinenbauer und hatte ursprünglich nichts mit der Ausbildung zu tun. Er kommt aus der KI-Entwicklung und -Forschung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Seine Mission ist, TRUMPF zu einem datengetriebenen Unternehmen zu entwickeln, denn Daten sind die Grundlage für Künstliche Intelligenz. Bereits in früheren Projekten hat er sich engagiert, dieses Ziel voranzutreiben. Für Ottnad war es deshalb ein konsequenter nächster Schritt, sein Wissen an junge Menschen weiterzugeben und sich den Auszubildenden und dual Studierenden zu widmen. Jetzt liegt sein Fokus auf den 300 Auszubildenden und dual Studierenden in 15 Berufsrichtungen in Ditzingen und auf der Weiterbildung aller TRUMPF Mitarbeiter.

Wir brauchen Menschen, die schon beim Erzeugen von Daten verstehen, welche davon für das Unternehmen und den jeweiligen Produktionsprozess relevant sind.
Jens Ottnad, globaler Ausbildungsleiter bei TRUMPF

Mysterium Schnittkanten

Beim Laserschweißen sind winzig kleine Kabel eine Herausforderung für die Maschinen, beim Laserschneiden sind es Schnittkanten. „Unsere Kunden möchten eine möglichst hohe Teilequalität. Dazu gehören exakte und präzise Schnittkanten. Besonders anspruchsvoll wird das für unerfahrene Bediener bei Material- oder Oberflächengüten, die nicht für das Laserschneiden optimiert sind“, sagt Louisa Peters, die sich als Produktmanagerin für TruLaser im TRUMPF Bereich Werkzeugmaschinen seit drei Jahren mit der Kantenqualität von Blechteilen beschäftigt. In solchen Fällen müssen Fachkräfte von Blechbearbeitungsunternehmen die unterschiedlichen Schnittparameter nachjustieren, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen: Schneidprozess auswählen, laserschneiden und die Teilequalität subjektiv beurteilen. Sollte die Kantenqualität nicht ausreichen, muss die Fachkraft einzelne Schneidparameter nacheinander variieren. Das erfordert viel Know-how, erhöht den Ausschuss, kostet Produktionszeit und nicht immer steht Fachpersonal dafür zur Verfügung. Für solche Situationen haben die TRUMPF Experten den Cutting Assistant entwickelt.

Scan

Cutting Assistant: Mit einem einfachen Handscanner scannt der Anwender die Schnittkante des Bauteils und erhält vom KI-gestützten Assistenzsystem einen Vorschlag für die Anpassung der jeweils relevanten Schneidparameter.

Cutting_Assistant

Louisa Peters: Die Produktmanagerin für TruLaser Maschinen ist vom Cutting Assistant überzeugt.

Das innovative Assistenzsystem besteht vordergründig lediglich aus einem einfachen Handscanner, der an die Laserschneidmaschine angeschlossen ist. Damit scannt ein Anwender die Schnittkante des Bauteils, die er optimieren möchte. Nach dem Scanvorgang verarbeitet das Assistenzsystem die Daten mithilfe eines KI-gestützten Algorithmus. TRUMPF hat die KI mit über 100.000 Bildern trainiert. Der KI-Assistent bewertet die Qualität der Schnittkante objektiv und generiert eigenständig einen Vorschlag für die Anpassung der jeweils relevanten Schneidparameter. Innerhalb kürzester Zeit erzielt der Anwender ein besseres Schnittergebnis. Zudem lernt der KI-Algorithmus aus den generieren Vorschlägen und liefert künftig noch bessere Empfehlungen.

Das ist für die Kunden eine schnelle Lösung ihres Problems, sie benötigen keinerlei Vorwissen.
Louisa Peters, Produktmanagerin für TruLaser Maschinen, über den Cutting Assistant

Innovation dank KI

Nach einer Studie des Statistischen Bundesamts setzt jedes fünfte Unternehmen in Deutschland KI-Technologien ein, Tendenz steigend. KI ist fester Bestandteil der digitalen Transformation weltweit, in Deutschland ist TRUMPF mit vielen KI-gestützten Innovationen Vorreiter. In diesem Jahr geht das Hightech-Unternehmen den nächsten Schritt und schafft neue Strukturen, um die KI-Entwicklungen in allen Abteilungen weltweit zu vernetzen und unternehmensweit verfügbar zu machen. Das neue Team des AI Hub wird bei der rasanten Entwicklung alle Hände voll zu tun haben.

Erstellt am 03.04.2025
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