
Dank Highspeed-Laserauftragschweißen zur Feinstaubbremse
Die Nagel Technologies GmbH aus Nürtingen möchte für die Automobilindustrie ein Problem lösen: Wie stellt man eine Bremse her, die kaum Abrieb verursacht und damit die neue Euro-Norm 7 zur Feinstaubreduzierung erfüllt? Schnell ist klar, dass eine ultraharte Beschichtung für Pkw-Bremsscheiben vielversprechend und das sogenannte Highspeed-Laserauftragschweißen das richtige Verfahren dafür ist. Aber der Pulverwirkungsgrad ist zu niedrig, zu viel Metallpulver geht verloren und der Prozess ist darum zu teuer. Da greifen Nagel und TRUMPF zu einem doppelten Trick bei der Strahlformung.
Herausforderungen
Die neue Euro-Norm 7 verlangt eine deutliche Reduzierung bei der Feinstaubbildung – zum ersten Mal nicht nur bei den Abgasen von Verbrenner-Autos, sondern beim Abrieb von Reifen und Bremsen. Alle Hersteller, die nach 2026 in der Europäischen Union noch Pkw verkaufen möchten, brauchen jetzt rasch eine Lösung für beide Komponenten. Dr. Claus-Ulrich Lott ist Geschäftsführer der Nagel Technologies GmbH in Nürtingen. Während er durch den älteren, lichtdurchfluteten Teil des Hauptwerks läuft, zählt er auf: „Wie muss die Lösung aussehen? Erstens: Sie muss die Norm einhalten. Kaum Abrieb. Klar. Zweitens: Sie muss günstig sein. Bremsen sind ein Massenprodukt, da kommt es beim Stückpreis auf Cents an. Und drittens: Sie muss sich möglichst geräuschlos in den etablierten Produktionsablauf einfügen.“ Lott kommt vor der Erprobungsanlage für die Bremsscheibenfertigung zum Stehen. „Darum haben wir uns entschieden, eine Maschine zu bauen, die Bremsscheiben ultrahart beschichtet.“
Lösung: Highspeed-Laserauftragschweißen
Drei Beschichtungsverfahren waren schnell abgehakt: elektrochemisches Beschichten – zu schmutzig. Thermisches Beschichten – zu langsam. Kaltgasspritzen – zu teuer. Lott entschied sich wegen des sauberen Prozesses und der kurzen Bearbeitungszeit für die Hochgeschwindigkeitsvariante des Laserauftragschweißens, das sogenannte Highspeed Laser Metal Deposition (HS-LMD). Hierbei blasen Düsen ein Metallpulver auf die Oberschicht und ein Laserstrahl schmelzt sie dabei auf, so dass eine Beschichtung entsteht. Im konkreten Fall rotiert eine gusseiserne Pkw-Bremsscheibe unter einer Laseroptik und sieben Pulverzufuhrdüsen. Die Highspeed-Laserauftragschweißzelle, NaCoat genannt, trägt zwei Schichten auf. Zuerst eine 0,1 Millimeter dicke Haftschicht aus Edelstahl. Und obendrauf eine 0,2 Millimeter dicke Funktionsschicht, die mit ultraharten Partikeln aus Karbiden gespickt ist. „Aber Gusseisen ist ein undankbarer Träger für Schichten.“ Sie bleiben einfach schwer haften, deswegen braucht es viel Pulver. „Das Pulver macht aber im Produktionsprozess der Bremsscheibe am Ende 60 bis 70 Prozent der Herstellkosten aus. Unsere Maschine muss also einen hohen Pulverwirkungsgrad erreichen, sprich: so viel wie möglich vom zugeführten Pulver ausnutzen."
Umsetzung: Strahlformung für mehr Pulvereffizienz
Lott erzählt: „Wir haben mit der Entwicklung von TRUMPF eng zusammengearbeitet. Und die wenden einen doppelten Trick bei der Strahlformung an, um den Pulverwirkungsgrad zu maximieren.“ Die Strahlformungstechnik BrightLine Weld teilt die Laserleistung in eine unabhängig voneinander regelbare Kern- und Ringzone auf. Ein bisschen wie ein Duschkopf mit Kern- und Ringstrahl. Energie- und Wärmeeintrag lassen sich so optimal einstellen. Zum einen heißt das, dass sich die Bremsscheibe kaum verzieht. Zum anderen fällt die Beschichtung deutlich dünner aus, braucht also weniger Pulver. Der zweite entscheidende Schritt für den Pulververbrauch ist die Bifokaltechnologie von TRUMPF: Ein Teil des Laserstrahls wärmt das Gussteil leicht an, kurz bevor der Pulverschauer darauf niedergeht. Dadurch haftet das Pulver sofort problemlos an, statt erst einmal abzuprallen und zu Ausschuss zu werden. Die Maschine nutzt während des Beschichtungsprozesses bis zu 94 Prozent des Pulvers aus. Dadurch hat Nagel jetzt eine wirtschaftliche Produktionsmethode für Euro-7-konforme, abriebarme Bremsscheiben.



Ausblick: Geschäftlicher Erfolg und guter Beitrag
Lott hat vor zweieinhalb Jahren die Geschäftsführung bei Nagel übernommen und voll auf Transformation und Bremsscheiben gesetzt. „Unser bisheriges Geschäft hing stark am Verbrennungsmotor und nimmt spürbar ab. Mit unserer Lösung für Euro-7-konforme Bremsscheiben wollen wir ein antriebsunabhängiges Produkt anbieten und gleichzeitig in der Branche bleiben, in der wir uns am besten auskennen.“ Die Bestellliste gibt ihm recht: In den ersten sechs Monaten hat Nagel eine zweistellige Zahl Bremsscheibenanlagen für die Serienfertigung ausgeliefert. Lott ist stolz auf den Erfolg, schwärmt aber nur kurz und wird dann ernst: „Es ist auch noch etwas anderes wichtig: Unsere Anlagen werden dazu beitragen, dass die Menschen weniger Feinstaub ausgesetzt sind und gesund bleiben. Für mich ist das ein rundum befriedigendes Gefühl.“
Erfahren Sie mehr über unsere Produkte
Laden Sie sich hier die Erfolgsgeschichte als PDF-Datei herunter.
Stand: 10.02.2025