Zehn Milliarden. Mindestens. Wir beginnen mit einer Zahl, deren Bedeutung klar wird, sobald man sie ins Verhältnis setzt. Zehn Milliarden Transistoren auf einem einzigen Computerchip. Anfang der 1960er-Jahre hatten auf einem Chip nur wenige Dutzend Transistoren Platz; rund zehn Jahre später waren es immerhin schon einige Tausend. 2011 lag die Anzahl an Transistoren pro Chip bei knapp drei Milliarden Transistoren. Heute sind es zehn Milliarden. Wir brauchen aber weit mehr, und zwar doppelt so viele – in spätestens zwei Jahren.
Denn die Zukunft ist Vernetzung pur: autonom fahrende Elektrovehikel kommunizieren mit dem Parkraum- und Energiemanagement der Stadt und verarbeiten unzählige Informationen aus ihrer Umwelt in Sekundenbruchteilen; Datenbrillen ziehen Echtzeitinformationen über unser Gegenüber in der U-Bahn; smarte Maschinen sprechen miteinander, wenn sie sich die Arbeit an einem Bauteil teilen; mit neuartigen Kamerasystemen ausgestattete Roboter in Produktionshallen „sehen“ umfallende Behälter und weichen rechtzeitig aus.
Zukunftsmusik. Aber sie wird von Jahr zu Jahr lauter. Und sie verlangt nach ordentlich Rechenleistung. Dafür muss das Herzstück der digitalen Welt – der Computerchip – noch leistungsfähiger werden. Er muss bei stetig steigender Funktionalität in immer höherem Tempo immer größere Datenmengen bewältigen – und dabei immer weniger Energie verbrauchen. Das gelingt nur, wenn seine Schaltkreise noch kleiner werden. Gern und oft zitiert in diesem Zusammenhang: Gordon Moore, der Mitbegründer von Intel, einem der weltweit führenden Hersteller von Halbleiterchips.
Moore sagte bereits 1965 voraus, dass sich alle zwölf bis 18 Monate die Zahl der Transistoren auf einem Halbleiterchip verdoppeln wird. Diese als Mooresches Gesetz bekannt gewordene Prognose treibt die Branche seither um. Sie nimmt das Gesetzt als Roadmap und ficht einen Kampf um jeden Quadratmillimeter auf dem Chip, bei dem es um Milliarden Dollar geht. Doch damit immer mehr Transistoren auf den Halbleitern im Inneren der Chipsätze Platz finden, brauchen wir schlicht und ergreifend: feineres Licht!
Wie Muster auf einem Blatt Papier
Das Leben eines Computerchips beginnt in einer Lithografieanlage. Sie projiziert das Bild eines Schaltkreissystems auf einen Siliziumwafer und belichtet dort eine zuvor aufgetragene Fotolackschicht. Die Fotolithografie folgt dabei den Gesetzen der Abbeschen Auflösungsgrenze, die den Abstand definiert, den zwei Strukturen mindestens haben müssen, um als getrennte Strukturen erkennbar zu sein. Aus dieser Auflösungsgrenze folgt, dass eine Lichtquelle keine Strukturen abbilden kann, die kleiner sind als ihre Wellenlänge. Vereinfacht gesagt ist das in etwa so, als würde man mit einem weichen Bleistift Muster auf ein Blatt Papier zeichnen. Die Linien können dabei nur so dünn sein wie die Spitze des Stiftes selbst.
Ausgefuchste Ingenieure können diese physikalisch begründete Grenze mit einem Trick durchaus überwinden. Um im Bild zu bleiben: Sie verwenden statt des weichen einen extrem harten Bleistift und können so dünnere Linien „zeichnen“, wodurch mehr Schaltkreise auf einem Wafer Platz haben. Ein Wafer ist eine Siliziumscheibe mit 300 Millimeter Durchmesser, auf der sich einige Hundert bis Tausend Mikrochips befinden. Herkömmliche Lithografieanlagen arbeiten mit einer Wellenlänge von 193 Millionstel Millimeter, also 193 Nanometer. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 30.000 Nanometer, also 0,03 Millimeter breit. Mit dem „harten Bleistift“ lassen sich die Strukturen sogar noch um den Faktor zehn verkleinern, auf rund 20 Nanometer. Die Abbesche Auflösungsgrenze ist damit ausgehebelt. Und trotzdem: Die Miniaturisierung geht weiter, muss weitergehen, aber wir sind am Ende des technisch Möglichen angekommen – kleiner geht mit herkömmlichen Methoden nicht mehr. Das Mooresche Gesetz droht zu enden.
Die Antwort auf die Frage „Was jetzt?“ haben Wissenschaftler und Forscher im Grunde schon vor 20 Jahren gekannt: Wir brauchen Licht mit einer unfassbar kleinen Wellenlänge – und zwar mit genau 13,5 Nanometern. Damit lassen sich Strukturgrößen von weniger als zehn Nanometern „zeichnen“, was wiederum bedeutet: Weit mehr als zehn Milliarden Transistoren finden auf einem einzigen Computerchip Platz. Genug Rechenpower, um unsere digitalen Ambitionen in die Realität umzusetzen. Die Schlüsselkomponente hierfür ist ein von TRUMPF speziell entwickelter Laser.
Vom Forschungsprojekt zum alternativlosen Fertigungsverfahren
Licht mit 13,5 Nanometer Wellenlänge: Was nach einer trivialen Erkenntnis klingt, ist in Wahrheit hochkomplex. Mit 13,5 Nanometern bewegen wir uns im extrem ultravioletten (EUV) Lichtspektrum, nahezu im atomaren Größenbereich. Das stellt uns vor ungeahnte Herausforderungen. Um Lithografieanlagen mit EUV-Licht auszustatten, müssen wir die Grenzen des technisch Machbaren in mehreren Technologiefeldern verschieben. Bereits kleinste Störungen, Abweichungen oder Verunreinigungen beeinflussen die Performance des Verfahrens maßgeblich. Die Problemstellungen in der EUV-Lithografie sind so unterschiedlich und neuartig, dass ein Unternehmen allein, ohne Partner, keinen Erfolg haben kann. Es ist ein ganzes Netzwerk von Forschern und Entwicklern mit verschiedenen Spezialkenntnissen notwendig, um diese hochkomplexe Technologie und das Verfahren zu beherrschen.
An der Spitze dieses Netzwerks steht TRUMPF gemeinsam mit dem weltweit größten Hersteller von Lithografieanlagen ASML und dem Optikspezialisten ZEISS. In jahrelanger und enger Zusammenarbeit haben die Partner die EUV-Technologie zur Industriereife gebracht. Von einem „Projekt“ kann heute freilich keine Rede mehr sein. Für die Entwicklung und Produktion des EUV-Lasers hat TRUMPF mittlerweile einen eigenen Geschäftsbereich in Ditzingen mit über 500 Mitarbeitern etabliert. Die EUV-Lithografie ist Realität und gilt als die Technologie für die künftige Massenproduktion von Computerchips.
Die erste EUV-belichteten Chips fallen serienmäßig vom Band
Knackpunkt für den Durchbruch der Technologie war und ist ihre Produktivität. Die Vorgabe der Chipindustrie lautet: 125 belichtete Wafer pro Stunde. Das ist die magische Zahl für die Kosteneffizienz. Seit Ende 2017 ist diese Vorgabe erfüllt – dank einer neuentwickelten Komponente von TRUMPF, die die Leistung der gesamten Anlage stabil hält.
Die Weichen für die digitale Zukunft sind somit gestellt: Es gibt derzeit mehr als 30 EUV-Systeme in Chipfabriken auf der ganzen Welt. Weitere Systeme sind bestellt. Der „Point of no return“ ist erreicht – die Chipmacher setzen auf EUV-Lithografie. Heißt im Klartext: Ein Großteil der Smartphones, die 2019 auf den Markt kommen, werden mit einem EUV-belichteten Chip ausgestattet sein. Und eine ganz banale Erkenntnis noch zum Schluss: Ohne TRUMPF würde das Mooresche Gesetz enden.