„Wir hätten nie damit gerechnet, mit dieser Technik so erfolgreich zu werden!“, sagt Melinda Krusemark, Leiterin Vertrieb und Marketing bei CooolCase. Mit „dieser Technik“ meint sie die Fertigung von Aluminium-Gehäusen für Wechselrichter. Wechselrichter wandeln den Gleichstrom aus Photovoltaik-Zellen in Wechselstrom um und machen ihn damit überhaupt erst im Netz nutzbar. Die Apparate stehen üblicherweise im Freien und sind Wind und Wetter ausgesetzt. Daher ist es wichtig, dass die Gehäuse der Wechselrichter absolut dicht sind und keine Feuchtigkeit ins Innere lassen, wo die empfindliche Elektronik arbeitet.
Metall-Umhausungen mit solch speziellen Anforderungen sind genau das, womit die Dresdner Firma CooolCase sich bestens auskennt. Zurzeit übernehmen Melinda Krusemark und ihr Bruder Marvin Michel von ihrem Vater das Steuer des Unternehmens – zur besten Zeit! Denn nun steigen die beiden Jungunternehmer mit einer neuen Laserschweißmethode in die Solarbranche ein. Und machen das Geschäft ihres Lebens.
DANK STICKER ZUM GROßAUFTRAG
Das Dresdner Industriemärchen beginnt einige Monate zuvor in Aachen: Die RWTH Aachen führt im Auftrag eines großen Herstellers von Solar-Wechselrichtern eine Studie durch. Die Ausgangsfrage: Wie lassen sich dichte Aluminium-Gehäuse am effizientesten herstellen? Die übliche Methode bis dahin ist der Druckguss. Funktional, aber verschwenderisch. Denn das Verfahren braucht viel Aluminium, weil die Wände produktionstechnisch bedingt unnötig dick werden. Das treibt die Kosten pro Gehäuse in die Höhe. Die RWTH-Studie ergibt, dass Laserschweißen die wirtschaftlichste Fertigungsmethode sei: Statt dickwandige Gehäuse zu gießen, solle man lieber dünne Alu-Bleche aneinanderschweißen.
Das Problem ist: Zu porösen Heißrissen neigende Aluminiumlegierungen zuverlässig dicht zu bekommen, ist nicht so einfach. Ein industrietaugliches Verfahren ist noch nicht lange am Markt und dementsprechend beherrschen heute nur wenige Firmen die Technik. Der Wechselrichter-Hersteller tut sich schwer, einen geeigneten Lohnfertiger für seine Gehäuse zu finden. Bei seinen Recherchen stößt er aber auf ein Sample von dichtgeschweißten Alunähten. Herkunft unbekannt. Nur auf einem kleinen, blaugrauen Aufkleber steht „CooolCase“. Die Dresdner haben in anderem Zusammenhang mal ein paar Schweißproben bei TRUMPF gemacht. Jetzt zahlt es sich aus. Der Wechselrichter-Hersteller ruft bei CooolCase an und stellt einen Großauftrag in Aussicht.
LASERSCHWEIßEN HALBIERT DEN MATERIALEINSATZ
Melinda Krusemark erinnert sich: „Das kam unerwartet! Als 85 Personen-Firma sind wir dafür eigentlich zu klein. Aber wir glauben an unsere Fähigkeiten.“ Unternehmerisch und technologisch ergebe das auch absolut Sinn, erklärt Marvin Michel, Geschäftsführer der CooolCase GmbH: „Solar-Wechselrichter haben gerade eine riesige Nachfrage. Und bei hohen Mengen werden die Stückkosten immer wichtiger. Darum lohnt sich das Laserschweißverfahren: Im Vergleich zum Guss kommen wir mit 50 Prozent weniger Material pro Gehäuse aus! Hinzu kommt, dass wir keine verschleißenden Werkzeuge einsetzen.“ Die Geschwister wagen es.

Doch bis CooolCase wirklich loslegen kann, Wechselrichter-Gehäuse in großem Stil zu schweißen, ist noch ein Stückchen Weg zu gehen. Das Gehäuse, das der Kunde möchte, sieht zwar unspektakulär aus, hat es aber schweißtechnisch in sich. CooolCase holt sich daher mit TRUMPF einen Partner an die Seite, um die optimalen Parameter und Schweißstrategien zu finden. Die Experten entscheiden sich für die Laserschweißanlage TruLaser Weld 5000 von TRUMPF und starten die Entwicklungsphase am konkreten Kundenprodukt.
DREI KNIFFLIGE SCHWEIßAUFGABEN
Das Bauteil bringt gleich drei knifflige Schweißaufgaben mit sich, für die CooolCase und TRUMPF all ihr Know-how einbringen müssen. Da gibt es erstens die Nähte an den Seiten und den abgerundeten Eckverbindungen. Hier setzt CooolCase auf feindosiertes Wärmeleitungsschweißen, das so wenig Energie wie möglich ins Bauteil bringt. „Sonst entstehen Heißrisse an den Schweißnähten und sie werden undicht“, sagt Michel. Zweitens muss ein Versteifungsblech auf das Gehäuse. Hierfür stellt die Laseranlage das Schweißverfahren auf Tiefschweißen um: Das Laserlicht schweißt durch zwei Millimeter dickes Aluminium hindurch und sorgt dafür, dass hier ab sofort kein H2O-Molekül Feuchtigkeit mehr durchkommt.
Jetzt kommt der schweißtechnische Höhepunkt: An einer Öffnung am Gehäusedach setzt CooolCase einen Kühlkörper an. Er besteht allerdings aus einer schwer schweißbaren Aluminiumlegierung, die sich zudem vom Material des restlichen Bauteils unterscheidet. „Diese Legierung ist besonders anfällig für Heißrisse. Das ist ja genau das, was bei dem Gehäuse auf keinen Fall passieren darf.“ Darum wechselt die TruLaser Weld 5000 abermals die Schweißmethode und setzt jetzt per FusionLine einen Zusatzdraht ein. „Die richtigen Parameter zu finden war hier ein Drahtseilakt.“ Er grinst: „Details verrate ich aber nicht.“ Jedenfalls ist das Gehäuse jetzt dicht und die Elektronik im Inneren vor Wind und Wetter sicher.
STRAHLENDE ZUKUNT FÜR DIE SOLARBRANCHE
Jetzt kann CooolCase mit der massenhaften Produktion von Wechselrichter-Gehäusen starten. Durch die hohe Produktivität des Lasers beim Schweißen und die schnelle Taktzeit des Rotationswechslers an der TruLaser Weld 5000 fertigen sie jetzt 100 Gehäuse am Tag. Genau zur richtigen Zeit! Denn auf die Hersteller von Wechselrichtern für Solaranlagen wartet gleich ein doppelter Ansturm: Die Energiewende sorgt weiterhin für einen massiven Ausbau der Photovoltaik-Anlagen und damit für einen Nachfrageschub. Hinzu kommt, dass zurzeit viele Wechselrichter, die schon an älteren, bestehenden Anlagen eingesetzt sind, aufgrund von Altersschwäche ausgetauscht werden müssen. „Unser Unternehmen verzeichnet durch den Wechselrichter-Auftrag ein solides Wachstum!“, sagt Melinda Krusemark: „Für uns fühlt sich das an wie ein Sechser im Lotto.“