Ende 2008, als Corné van Opdorp die BOZ Group von seinem Vater, dem Gründer, übernommen hat, ist ihm eine Sache relativ schnell aufgefallen: die ausgedruckten Begleitpapiere pro Auftrag, die an jeder Maschine lagen. „Ohne diese Zettel waren die Mitarbeiter quasi aufgeschmissen. Das war für mich ein No Go“, erzählt der 37-Jährige. Und weil er nicht nur grundsätzlich offen für Veränderungen, sondern auch sehr an den neusten Technologien interessiert ist, hat sich Corné van Opdorp dafür entschieden, die BOZ Group ganz und gar zu digitalisieren und zur Smart Factory umzubauen.
Die Zukunft ist papierlos
„Das vollständig umzusetzen, geht natürlich nicht von heute auf morgen. Aber wir haben schon viel geschafft“, so Corné van Opdorp. Der Erfolg des Unternehmens spricht für sich:
Die BOZ Group gehört zu den Top Drei der blechbearbeitenden Firmen in den Niederlanden und beschäftigt mittlerweile mehr als 100 Mitarbeiter. Sie produziert in Bergen op Zoom unter anderem Teile für die Hightech- und die Medizintechnik-Branche sowie für die Lebensmittelindustrie. Tagsüber werden kleinere Jobs, nachts und am Wochenende größere Losgrößen bearbeitet. Die Niederländer sind Spezialisten für dünnes Blech bis zu einer Dicke von sechs Millimetern. Außerdem gehören sie zu den Ersten, die das Laserschweißen in der Blechfertigung eingeführt und eine TRUMPF Schwenkbiegemaschine installiert haben. Das bedeutet: die BOZ Group bietet die komplette Prozesskette Blech an und kann entsprechend komplexe Bauteile liefern.
Die Digitalisierung des Unternehmens muss schrittweise erfolgen, davon ist Corné van Opdorp überzeugt. So ist das Pensum für alle am besten stemmbar. „Unser erstes wichtiges Etappenziel lautete: Jeder Auftrag muss offline programmierbar sein, um noch effektiver und effizienter zu arbeiten“, berichtet der Geschäftsführer. „Wir programmieren nicht mehr an den Maschinen, sondern an einem Arbeitsplatz, hauptzeitparallel zur Produktion. So können wir die Maschinen viel besser ausnutzen.“
Das ist umso wichtiger, als in der Produktion von BOZ alle Maschinen in einem Netzwerk verbunden sind, sodass sie zentral überwacht und gesteuert werden können. Auch das STOPA-Lager mit 571 Lagerplätzen und einem zwischengeschalteten Roboter gehört dazu. Problemmeldungen können zum Beispiel per SMS oder E-Mail direkt aufs Smartphone gesendet werden. Das niederländische Unternehmen ist heute papierarm – und die Zukunft ist papierlos. In der Praxis funktioniert das mit einem 2D-Code, den die Lasermaschinen auf die Blechteile aufbringen. Er enthält zum Beispiel Informationen für nachfolgende Prozessschritte. TRUMPF nennt ihn Dot Matrix Code und hat ihn zusammen mit BOZ an die spezifischen Anforderungen in Bergen op Zoom angepasst.
Kein Wandel ohne Wissen
Die Mitarbeiter werden Stück für Stück an die digitale Transformation herangeführt. „So fühlt sich niemand überfordert“, sagt van Opdorp. Um die Umstellung so angenehm und unkompliziert wie möglich zu gestalten, schickt der Geschäftsführer seine Mitarbeiter und Manager regelmäßig auf externe Fortbildungen. Denn schon sein Vater hat ihm beigebracht: „Man darf nicht nur an sein eigenes Unternehmen denken, sondern muss einen Schritt weiter gehen und sich anschauen, was es noch in der Welt gibt.“
Nach dieser Devise lebt auch der Sohn. Deswegen engagiert er sich nicht nur in der BOZ Group, sondern ist auch Vorsitzender des niederländischen Blechbearbeitungsverbands. Tradition verpflichtet – den Verband hat sein Vater vor vielen Jahren ins Leben gerufen. Die Mitglieder treffen sich drei Mal im Jahr in einem der teilnehmenden Unternehmen und einmal zusätzlich für eine Studien- und Informationsreise. Zuletzt ging es ins Silicon Valley, wo sie sich über Digitalisierung und neue Technologietrends informiert haben.
Mittlerweile gilt Corné van Opdorp in den Niederlanden als einer der wichtigsten Botschafter für Industrie 4.0. Und das alles, ob-wohl er eigentlich keinen technischen Hintergrund hat. Ursprünglich hat er nämlich Betriebswirtschaft studiert und sieht bei den Zahlen und Prozessen seine größten Stärken. Vermutlich ist es genau diese umfassende Sichtweise, die ihm geholfen hat, mutig und dynamisch seine eigene Vision des Unternehmens umzusetzen. Einfach, weil er daran geglaubt hat.
Schon sein Vater hat etwas gewagt, als er mit 28 Jahren die BOZ Group gründete. Der Kreis hat sich geschlossen, als Corné die Geschäftsführung übernahm – auch im Alter von 28. Er ist jedoch ganz anders als der Vater, hat einen anderen Managementstil,das finden auch seine Mitarbeiter. Einige von ihnen kennen den heutigen Chef bereits, seit er als kleiner Junge in den Produktions-hallen herumgesprungen ist. Der enge Kontakt ist ihm sehr wichtig, deswegen ist er jeden Tag für mindestens eine Stunde „auf dem Boden“ – wie man auf Holländisch die Produktionshallen nennt – und spricht mit vielen verschiedenen Mitarbeitern: „Ich interessiere mich für jeden der Kollegen als Person. Und ich interessiere mich für seine aktuellen Arbeitsinhalte. Das möchte ich zum Ausdruck bringen.“ Dass das nicht nur leere Worte sind, sieht man auch an der intensiven Nachwuchsförderung bei BOZ. Zwei Beispiele sind Jianbin Lin und Peter Quist. Beide haben im Unternehmen spannende Entwicklungsmöglichkeiten bekommen – und diese gern genutzt. Quist hatte freie Hand bei der Gestaltung der IT-Infrastruktur, Lin bekam die Möglichkeit, sich tief in das Thema Laserschweißen mit dem Roboter einzuarbeiten. Ähnliche Chancen werden in Zukunft noch viele Kollegen erhalten – denn ohne mutige, qualifizierte Mitarbeiter ist Digitalisierung nicht möglich.