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Rasenmaeher_CanyCom_Stage
Ramona Hönl

Blechfertigung in Japan: Rasenmähen mit Gokart-Feeling

V erbindet sich japanische Handwerkstradition mit industriellem Fertigungs-Know-how, entstehen Produkte, die den Weltmarkt erobern können. Ein anschauliches Beispiel liefern die wendigen Spezialfahrzeuge von Canycom. An ihrem ausgefallenen Design leicht erkennbar, bewegen sie sich souverän in schwierigem Gelände. Über amerikanische Baustellen fahren sie ebenso mühelos wie durch italienische Weinberge. Überall dort, wo es keine breiten Straßen gibt, bringen sie Dinge in Bewegung.

Die Spezialfahrzeuge von Canycom sind in mehr als 50 Ländern rund um den Globus beliebt. Dafür gibt es handfeste Gründe: Durchdachte Funktionalität und hohe Verarbeitungsqualität garantieren ein Vorankommen, egal wie anspruchsvoll sich das Gelände präsentiert. „Wir achten bis ins letzte Detail darauf, dass die sonst so anstrengende und zermürbende Arbeit Spaß macht“, sagt Seniorchef und Vorstand Hitoshi Kaneyuki. Die Historie der Unternehmerfamilie ist lang, ihr Stammbaum reicht zwanzig Generationen zurück. Anfang des 14. Jahrhunderts stellte ein Urahn der Kaneyukis Klingen für Samurai-Schwerter her – sogenannte Katana-Klingen. In teils wochenlanger und mühevoller Handarbeit fertigte der Meisterschmied Waffen und Kunstwerke zugleich. Beim Mittelständler Canycom spielen Samurai-Schwerter heute keine Rolle mehr. Geblieben aber ist ein inspirierendes Bewusstsein: Dinge in Perfektion zu fertigen.

Yoshimitsu Kaneyuki, der 2015 das operative Tagesgeschäft von seinem Vater übernommen hat, nennt neben Zuverlässigkeit und Robustheit einen weiteren Erfolgsfaktor für Canycom: eine gesunde Portion Spielfreude. „Der Spieltrieb macht die sonst mühsame Arbeit angenehm – das könnte das wichtigste Kaufargument für unsere Kunden überhaupt sein“, weiß der CEO. Das japanische Wort dafür lautet „asobigokoro“ – wörtlich übersetzt „spielerisch an etwas herangehen“. Dieses Prinzip zieht sich wie ein roter Faden durch das Sortiment von Canycom.

Durchdachte_Funktionalitaet

Bei Canycom trifft japanische Handwerkstradition auf industrielles Fertigungs-Know-how.

Masao, der Aufsitzmäher

Das vielleicht auffälligste Beispiel ist „Masao“, der industrielle Aufsitzmäher des Unternehmens. Er mutet auf den ersten Blick wie ein Gokart an. Für Hitoshi Kaneyuki ein leicht erklärbares Phänomen. „Früher war das Mähen von Gras und Pflanzen harte Arbeit. Ich habe ständig darüber nachgedacht, wie man das in Spaß verwandeln kann. Heute machen unsere wendigen Mäher diese Arbeit zu einem echten Vergnügen. Bevor man es richtig merkt, ist alles erledigt. Man sucht dann sogar nach Stellen, an denen noch Gras steht, um weiterfahren zu können. Das bemerke ich auch bei mir selbst“, sagt der Seniorchef.

Traditionell stellen Kunden höchst unterschiedliche Anforderungen an Canycom-Produkte. Bei der Obst- und Gemüseernte zum Beispiel kommen Fahrzeuge mit niedriger Aufbauhöhe zum Einsatz. Mit ihnen steuern Bauern flott zwischen Sträuchern und Bäumen durch, ohne Äste zu streifen und Früchte zu beschädigen. Das Be- und Entladen erfolgt barrierefrei. In der Forstwirtschaft wollen Waldarbeiter geschlagene Baumstämme dagegen oft in steilem, unzugänglichem Gelände bündeln und abtransportieren. Sie verlassen sich auf die Holztransporter von Canycom, die durch ihre Manövrierbarkeit und Robustheit überzeugen. „Noch in den 1970er Jahren verwendeten die Menschen in Japan überwiegend Pferde oder Rinder für den Transport. Das war der Zeitpunkt, an dem wir eine erste Mechanisierungswelle starteten“, erinnert sich Hitoshi Kaneyuki. Canycom eroberte die Forstwirtschaft und das Bauwesen und expandierte in Überseemärkte. Als wichtige Regionen für das internationale Wachstum gelten Europa und die USA. Dort sind Gummikettenfahrzeuge, Kompakttransporter und Aufsitzmäher besonders gefragt. Mit ihnen erwirtschaftete Canycom 2021 einen Umsatz von 7,1 Milliarden Yen (rund 51 Millionen Euro), 40 Prozent davon außerhalb Japans. Das jährliche Plus liegt stabil bei sechs bis sieben Prozent.

Verkaufsschlager

Aufsitzmäher von Canycom muten auf den ersten Blick wie Gokarts an. Sie finden besonders in Europa und den USA reißenden Absatz.

Hohe_Fertigungstiefe

Die meisten Bauteile für die Fahrzeuge von Canycom konstruieren und stellen die 280 Mitarbeitenden selbst her.

Neue Fertigungshalle in Ukiha

Design, Entwicklung und Produktion erfolgen traditionell am Stammsitz in Ukiha. Die 30.000-Einwohner-Stadt liegt in der süd­lichen Präfektur Fukuoka, knapp zwei Flugstunden von Tokio ­entfernt. To­po­gra­fie und Klima ähneln dem der Schweiz, Kenner bezeichnen die Region gern als Obstkammer Japans. Erst letztes Jahr hat Canycom dort eine neue Fertigungshalle errichtet, um die wachsende Nachfrage bedienen zu können. Im Juli 2021 begann der Aufbau der Produktionslinien, ausschließlich mit Maschinen und Systemen von TRUMPF. Der Wechsel auf einen neuen Ausrüster geschieht in Japan nicht alle Tage. TRUMPF installierte bei Canycom die 2D-Laserschneidmaschine TruLaser 3030 fiber in Kombination mit dem automatisierten Sortiersystem SortMaster, die Stanz-Laser-Maschine TruMatic 6000 fiber, Abkantpressen wie die TruBend 5130 und 7036 sowie das Biegesystem TruBend Center 5030. Einige Maschinen lieferte TRUMPF in Japan zum ersten Mal aus, eigentlich hätten Monteure aus Deutschland zum Aufbau nach Ukiha reisen sollen. Aufgrund der Reisebeschränkungen durch Covid-19 war das aber nicht möglich, die gesamte Aufbauberatung musste remote erfolgen. Dazu schalteten sich TRUMPF Experten aus der Ferne auf die Maschinen und richteten sie ein. Dank der engen Absprache zwischen der TRUMPF Zentrale in Deutschland und der Landesgesellschaft in Japan lief alles wie geplant. Das gesamte Equipment ist in Betrieb und Canycom zufrieden. „Mit der Entscheidung für TRUMPF haben wir eine gute Wahl getroffen“, bestätigt CEO ­­Yoshimitsu Kaneyuki.

Erste Überlegungen, in der neuen Fertigung ausschließlich auf Technik von TRUMPF zu setzen, reichen bei Canycom zurück ins Jahr 2017. Immer wieder gab es Kontakte zu TRUMPF Japan, ­beratende Gespräche, Besuche vor Ort, Expertendiskussionen. Bis Canycom den Auftrag erteilte, sollten zwei Jahre vergehen. Der Umstieg erfolgte wohlüberlegt. „Wir haben gemerkt, dass bei TRUMPF unsere Wünsche und Anforderungen an erster Stelle stehen. Auch wir bei Canycom rücken den Kunden in den Mittelpunkt. Diese gemeinsame Haltung hat uns überzeugt, künftig auf TRUMPF Maschinen in unserer Fertigung zu setzen“, erklärt Yoshimitsu Kaneyuki. Die Ergebnisse übertreffen seine Erwartungen bei weitem.

Hoher_Teiledurchsatz

Die Layout-Planung der neuen Fertigungshalle und die Anordnung der TRUMPF Maschinen verkürzten die Produktionszeit um 40 Prozent.

Vorbild

Seniorchef Hitoshi Kaneyuki gilt als das Gesicht von Canycom. Er prägt das Familienunternehmen seit bald 50 Jahren.

Hohe Flexibilität, niedrige Taktzeiten

Die Layout-Planung der neuen Fertigungshalle, die Anordnung der TRUMPF Maschinen und der nahtlose Materialfluss in der Logistik sprechen für sich. Der Teiledurchsatz ist so hoch wie nie, beim Stanzen und Biegen läuft der Verarbeitungsprozess dank lasergemessener Winkel und vollautomatischer Werkzeugwechsel neun Stunden schneller als früher. Die Produktionszeit sank um 40 Prozent. Technik von TRUMPF garantiert gleichermaßen Präzision und Effizienz in der Fertigung. Zudem, und das ist Yoshimitsu Kaneyuki besonders wichtig, kann die Canycom-Fabrik in Ukiha nun Produktionsprogramme mit vielen Varianten in kleinen Stückzahlen fahren. Die Flexibilität ist hoch, die Taktzeiten niedrig. „Damit werden wir unsere Wirtschaftlichkeit noch einmal ganz erheblich steigern.“ Seit Anfang des Jahres läuft die neue Fabrikhalle in Ukiha mit dem Maschinenpark von TRUMPF im Vollbetrieb. Auf 12.000 Quadratmetern Fläche fertigt Canycom dort vor allem Baukipper und Motor-Schubkarren für die Märkte in Übersee. Zudem ist ein neues Ersatzteillager in Planung. Das macht das dynamische Wachstum von Canycom greifbar.

Der perfekte Bauteile-Mix

Canycom entwirft und baut die meisten Fahrzeugteile selbst, wendet sich für Komponenten wie Motoren und Gummiketten, die spezielles Know-how erfordern, aber auch an externe Partner. „Die Zusammenarbeit mit den besten Lieferanten ermöglicht es uns, unseren Kunden Produkte zu liefern, die ihre Erwartungen übertreffen“, bekräftigt CEO Yoshimitsu Kaneyuki. Gleichzeitig hält Canycom an der japanischen Managementphilosophie „go to Gemba“ fest. Vor allem die Konstrukteure sind so oft wie möglich am „Ort des Geschehens“ (Gemba) und gehen dorthin, wo die Wertschöpfung ihrer Kunden stattfindet: auf Felder, in Plantagen und Wälder. Zudem führen die Vertriebsteams regelmäßig Videointerviews durch, holen Feedback und Verbesserungsvorschläge der Anwender ein, aber auch Kritik und Beschwerden. Das inspiriert Canycom, Kundenbedürfnisse immer wieder neu zu reflektieren und das Produktangebot exakt darauf abzustimmen.

„Es geht darum, Produkte nicht für die anonyme Masse zu ­produzieren, sondern für echte Menschen aus Fleisch und Blut“, sagt Hitoshi Kaneyuki. Er ist überzeugt: Die Entwicklungsteams müssen aus erster Hand erfahren, wie Kunden ihre Produkte „im echten Leben“ nutzen. Dieser Ansatz kann zu radikal neuen Ideen und Lösungen führen – eine Schlüsselphilosophie, die Canycom und TRUMPF vorbehaltlos teilen. Die Nähe zum Kunden ist nicht der einzige Punkt, bei dem sich Canycom und TRUMPF einig sind. Beide Unternehmen wissen, was es braucht, damit am Ende das Ergebnis stimmt: einen Partner, der aufmerksam zuhört, die richtigen Themen vorantreibt und bei der unbürokratischen Umsetzung hilft. So wie in der neuen Werkhalle Enka no Mori Ukiha.

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