Herr Duffke, wie wichtig war die Entscheidung für TRUMPF, Anfang der 80er Jahre einen eigenen Laser zu bauen?
Berthold Leibinger, der damalige Chef von TRUMPF, sah in den Lasern am Markt viele Schwachstellen. Wir hatten immer wieder Probleme mit der Strahlführung und der Schnittqualität. Eine hohe Präzision bei der Bearbeitung war aber schon damals für TRUMPF unerlässlich, schließlich wollten wir an den guten Ruf unserer Stanz- und Nibbelmaschinen anknüpfen. Berthold Leibingers Idee, eigene Laser zu bauen, war für uns im Nachhinein betrachtet der einzige Weg, um mit der Technologie in der Industrie erfolgreich zu sein.
Hatten Sie Bedenken, als Sie von den Plänen erfahren haben?
Nein. Als Servicetechniker hatte ich Ende der 70er Jahre bei TRUMPF schon Erfahrung mit den Lasern anderer Hersteller gesammelt. Ich hatte eine Vorstellung davon, was der Laser alles kann. Er schneidet Geometrien, an denen Stanzmaschinen scheitern. Außerdem vertraute ich dem Erfindergeist bei TRUMPF.
Was waren die Herausforderung bei der Entwicklung?
Zu unserem Team gehörten damals kaum Physiker, die meisten hatten einen technischen Hintergrund. Vieles bei der Laserentwicklung war deshalb Neuland für uns. Wir waren aber hochmotiviert und haben uns von der Firma Hüttinger schulen lassen, die heute zur TRUMPF Gruppe gehört. So haben wir uns das physikalische Fachwissen und Kenntnisse zur Hochfrequenztechnik für die Herausforderungen des Lasers angeeignet.
Denken Sie gerne an diese Zeit zurück?
Auf jeden Fall! Wir haben damals bei TRUMPF in Gerlingen geforscht, in einem kleinen Industriegebiet neben ein paar schwäbischen Landäckern. Dort waren wir ziemlich abgeschottet. Wir waren wie eine Gruppe Bergsteiger und haben solange an einem Strang gezogen, bis wir am Gipfel waren. Diesen Teamgeist habe ich sehr geschätzt. Uns war bewusst, dass wir Pionierarbeit leisten. Wenn einem Kollegen Fachwissen gefehlt hat, haben ihn die anderen unterstützt.
Im Jahr 1985 fand die erste Zündung eines TRUMPF Lasers statt. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?
Die Anspannung im Team war groß. Als der Laser erfolgreich zündete, haben die Sektkorken geknallt und wir lagen uns in den Armen. Dieser Moment war nicht vergleichbar mit dem ersten Loch im Blech bei einer neuen TRUMPF Stanzmaschine. Auf diesem Gebiet hatten wir ja genügend Erfahrung. Der Laser war etwas ganz Neues für TRUMPF. Berthold Leibinger kam höchstpersönlich vorbei und hat uns gratuliert.
Die Medien bezeichnen die erste Laserzündung bei TRUMPF oft als „Quantensprung“ in der Lasertechnik. War Ihnen der Erfolg der Technologie damals schon bewusst?
Nein, damit hat niemand gerechnet. Wir waren lediglich davon überzeugt, dass sich mit Lasertechnik komplexe Geometrien fertigen lassen und wir damit Werkzeugkosten sparen können. Der Laser galt damals als Werkzeug auf der Suche nach einer Anwendung. Heute ist es umgekehrt – kaum eine Branche kommt ohne den Laser aus.
Wie haben die Kunden von TRUMPF auf den ersten eigenen Laser reagiert?
Als wir TRUMPF Maschinen mit fremden Lasern vorgestellt haben, waren viele Kunden zurückhaltend. Sie fanden das Werkzeug zwar innovativ, wollten aber erstmal beobachten, ob es sich am Markt etabliert. Das Vertrauen war erst da, als wir alles aus einer Hand entwickelt hatten – die Maschine, die Steuerung, den Laser und die Strahlführung.
Was waren aus Ihrer Sicht die Meilensteine in der TRUMPF Laserentwicklung?
Ein wichtiger Schritt war die Gründung des Laser Application Centers, kurz LAC, im Jahr 1987. Um mit Lasern erfolgreich zu sein, müssen wir nicht nur die Entwicklung und die Produktion des Lasers beherrschen, sondern auch die Anwendung. Das gelingt uns mit dem LAC – hier haben wir Technologien für das Fügen, Schneiden und Gravieren mit dem Laser erforscht. TRUMPF ist deshalb so erfolgreich in der Lasertechnik, weil das Unternehmen die Entwicklung immer konsequent vorangetrieben hat und auch in schwierigen Zeiten am Ball geblieben ist.
Ist TRUMPF für die nächsten 60 Jahre Laser gut aufgestellt?
Davon bin ich überzeugt. TRUMPF ist eine mutige Firma und hat einen langen Atem. Die Stellung als Familienunternehmen ist dabei hilfreich. Das zeigt beispielsweise die EUV-Technologie. Als Aktiengesellschaft wäre TRUMPF nicht so lange am Ball geblieben. Die Familie hat die Entwicklung mit viel Geduld fortgesetzt. Das hat sich ausgezahlt – heute sind wir bei EUV-Lasern erfolgreicher als jeder andere Hersteller. Außerdem hat die Geschäftsführung tiefes technologisches Verständnis und bringt Begeisterung für Innovationen mit. Vor allem aber arbeiten hier großartige Menschen, die mit viel Engagement und Ideenreichtum forschen.
Gerd Duffke hat 1972 seine Ausbildung zum Mechaniker bei TRUMPF in Hettingen begonnen. 1998 setzte er sich als Betriebsrat dafür ein, dass das Laserzentrum, indem TRUMPF die Laser produziert, in Ditzingen errichtet wurde. 2010 wechselte Duffke in die Personalentwicklung. Zurzeit forscht er mit Kollegen im Projekt VASE daran, Virtual Reality in Schulungsangeboten zu nutzen.