An diesem Herbsttag ist das Schulungszentrum in Ditzingen gut besucht. An den 20 Anlagen in der großen, lichtdurchfluteten Halle haben sich die Schulungsteilnehmer in Kleingruppen versammelt. Sie schreiben mit, stellen den TRUMPF Experten Fragen und drücken auf Touchscreens an den Maschinen. „Das ist Alltag bei uns“, sagt Francesco De Marco, Gruppenleiter Digital Learning im Schulungszentrum, während er durch die Halle geht. „Klassischer Unterricht ist trotz E-Learning ein wichtiger Bestandteil der Lehre und wird es immer bleiben.“
Zukunft des Lernens
Gemeinsam mit seinen Kollegen und Mitarbeitern entwickelt De Marco digitale Lernformate. Er begleitet uns in einen abgedunkelten Unterrichtsraum. Sein Mitarbeiter Christopher Poppel repariert und wartet dort eine Maschine mithilfe einer Virtual Reality Ausrüstung. In den Händen hält er zwei Controller und auf seiner Nase sitzt eine große VR-Brille. Den 3D-Drucker TruPrint 3000, an dem er gerade arbeitet, sehen wir als Projektion auf einer Leinwand.
„Virtual Reality spielt für die Zukunft des Lernens eine wichtige Rolle“, sagt De Marco und blickt zu seinem Kollegen. Mit einem Klick des Controllers setzt der gerade die virtuelle Maschine in Gang und startet den Druckvorgang. „Die virtuelle Welt wird klassisches Präsenztraining nicht ablösen, sondern ergänzen“, so De Marco. „Auch, weil es Virtual Reality bislang an der Haptik fehlt. Bei einem Drehmomentschlüssel beispielsweise muss ein Mechaniker das Gewicht in der Hand spüren und hören, wenn er einrastet. Eine VR-Anwendung bringt das nicht rüber. Was sie kann, ist einen Eindruck der Maschine vermitteln. Sie ermöglicht uns, vieles auszuprobieren. Kaputt machen können wir ja nichts.“
Digital Natives haben Vorteile
Die VR-Anwendung gehört zu einem Projekt, das den Namen VASE trägt und für Virtual Analytics Services im Maschinen- und Anlagenbau steht. VASE ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert und an dem sich das Schulungszentrum in Ditzingen beteiligt. Mit fast 50.000 Teilnehmertagen im Präsenz-Training und rund 2.500 Teilnehmertagen im E-Learning sowie fast 500 Kurstypen pro Jahr ist das Schulungszentrum in Ditzingen unter Leitung von Stephan Bundschu das größte der insgesamt acht TRUMPF Schulungszentren weltweit. Und es setzt globale Standards. Bereits seit 2014 hat TRUMPF begonnen, digitale Lehrmethoden in den Lehrplan aufzunehmen. Auch, damit Kunden und Mitarbeiter selbst entscheiden können, wann sie sich Zeit für die Weiterbildung nehmen; und das dank Computer, Tablet oder Smartphone ortsunabhängig.
Mittlerweile haben sich vier E-Learning Methoden etabliert. Da gibt es einmal die sogenannten Web-Based-Trainings. Dahinter verbirgt sich ein Online-Kurs, den Teilnehmer jederzeit absolvieren können. Nicht zeit-, aber ortsunabhängig ist das virtuelle Klassenzimmer. Hier schalten sich Lehrer und Schüler online zusammen. Neben einer Audio-Konferenz tauschen sich die Teilnehmer via Text-Chat miteinander aus. Auch eine digitale Tafel kommt zum Einsatz. Eine weitere Möglichkeit, sich mit Maschinen vertraut zu machen, bieten Video-Tutorials. Sie lassen sich jederzeit abrufen und gehen auf ganz bestimmte Arbeitsschritte ein, damit die Lernenden Antworten zu spezifischen Themen finden. Erklärvideos gehen über die Darstellung eines einzigen Arbeitsschritts hinaus und führen Schritt für Schritt durch komplexe Zusammenhänge. Alle Lernmodule gibt es auf Deutsch und Englisch. Bei Bedarf bietet TRUMPF weitere Sprachen an. „Wir versuchen unsere Lerninhalte so zu gestalten, dass sich jeder Schulungsteilnehmer darin zurechtfindet“, sagt De Marco. „Der Altersdurchschnitt der Teilnehmer variiert bei uns sehr stark. Digital Natives haben sicherlich Vorteile. Wir haben jedoch festgestellt, dass auch meine Generation den digitalen Lerninhalten sehr positiv gegenübersteht.“
Die richtige Maschine erscheint per Knopfdruck
Die Neugier, Dinge auszuprobieren treibt De Marco beim Austüfteln neuer Lernformate an. „Neue Technologien teste ich gerne erst mal selbst“, sagt der gelernte Handwerksmeister im Maschinenbau, der seit 1989 bei TRUMPF arbeitet. „Meine ersten VR-Erfahrungen habe ich mit meinem Sohn und dessen Freunden gemacht, indem wir unterschiedliche VR-Brillen zu Hause ausprobiert haben. Seitdem erkenne ich schnell, wenn sich etwas in unseren Schulungen verbessern lässt. Beispielsweise, wenn ich mich mit der Brille im Raum nicht zurechtfinde oder die Erklärstimme so gar nicht zum Lerninhalt passt.“
Doch Virtual Reality ist nur eines der Zukunftsfelder im Schulungszentrum Ditzingen. De Marco und sein Team probieren gerade weitere neue Dinge aus. In Planung ist beispielsweise Microlearning. Dabei handelt es sich um ein Lernverfahren, das Wissen in kleinste Portionen unterteilt. Schulungsteilnehmer können sich diese herauspicken, ohne sich in ein ganzes Themengebiet einarbeiten zu müssen. Video Tutorials und Erklärvideos, die schnell greifbar sind und zum Nachdenken animieren, sollen das möglich machen.
De Marco träumt davon, irgendwann ein komplett digitales Schulungszentrum aufzubauen, in dem alle Lehrformate online abrufbar sind. Er möchte neugierig bleiben und Neues lernen. Denn Lernen hört bekanntlich nie auf. Genauso ist es bei der Suche nach neuen Lehrmethoden.