Klare Formen, reines Weiß, strahlend-dunkles Blau. Einem Menschen muss man nicht tausende TRUMPF Maschinen zeigen, bis er versteht, was eine TRUMPF Maschine optisch ausmacht. Der künstlichen Intelligenz schon: Zum Lernen braucht sie Zeit, die KI, viele Wiederholungen und den Menschen.
„Pfeift eine Maschine plötzlich bei 300 Hertz, sind wir Menschen erstmal ratlos“, sagt Jens Ottnad, Gruppenleiter der Vorentwicklung. In seinem Team spielt KI schon heute in jedem Projekt eine wichtige Rolle. Die digitale und physische Welt verschmelzen zunehmend. „Was genau ist das Problem? Und wie löse ich es?“ Bei diesen Fragen hilft die KI. Und die kommt nicht immer in Form eines Roboters daher. Wie aber sieht es aus, wenn KI TRUMPF unterstützt? Das will ich bei einer Entdeckungsreise durchs Unternehmen herausfinden.
E-Mail von Künstlicher Intelligenz
Zuerst schaue ich mir den Ort an, an dem die KI bereits im Einsatz ist: Im schweizerischen Grüsch arbeitet Jonathan Hartmann als Elektrokonstrukteur in der Produktion. Gerade poppt auf seinem Bildschirm eine E-Mail auf. Absender: KI – also sozusagen. „Wir bekommen automatisch eine Nachricht, wenn die KI Unregelmäßigkeiten bei einer Maschine feststellt.“ Dieses Mal gibt es ein Problem bei den Frequenzgängen. Das zeigt der Ausreißer im Diagramm. Für Hartmann und seine Kollegen heißt das, auf zur TruLaser 5030 fiber in die Fließlinie! Den Fehler hören wir schon von weitem: ein unangenehmes Pfeifen. „Um herauszufinden, welches mechanische Teil diese Eigenfrequenz hat, haben wir früher auf gut Glück Teile ausgetauscht, bis wir den Ton nicht mehr hörten. Je nach Fehler dauerte die Diagnose schon mal einen ganzen Tag.“ Heute vereinfacht, beschleunigt und verbessert eine KI-Lösung die Qualitätskontrolle.
Dr. KI und die Achsdiagnose
Hinter dieser Lösung steckt ein Entwicklerteam aus Ditzingen. Also auf zum TRUMPF Stammsitz, und zwar ins Versuchsfeld für Werkzeugmaschinen, kurz VFW. Hier rattert und rauscht es aus allen Ecken. Die TRUMPF Maschinen arbeiten auf Hochtouren. Plötzlich stutze ich. Das Geräusch kenne ich doch! Es pfeift mal wieder. Ich folge dem Ton und stehe vor einer TruLaser 5030 fiber. Hier arbeiten die Entwickler an der Achsdiagnose, damit die KI-Lösung in der fernen Schweiz reibungslos funktioniert. Sie stützt sich auf Daten, die die Entwickler seit 2014 an über 4.000 Maschinen weltweit gemessen haben. „Mittlerweile diagnostiziert sie Maschinen völlig selbstständig“, sagt Entwicklungsingenieur Martin Lukas. „Wenn die KI eine Anomalie entdeckt, erkennt sie nicht nur, wo der Fehler liegt, sondern liefert über eine Wissensdatenbank auch gleich Lösungsvorschläge“, erklärt Product Owner Martin Schober.
KI lernt mit Bildverarbeitung
Auch die Entwickler am TRUMPF Standort Schramberg setzen solche Machine-Learning-Verfahren ein. „VisionLine“, ein Bildverarbeitungssystem zur Bauteillageerkennung, haben sie um diese Funktionalität erweitert: sofort erkennen, ob der Schweißprozess den Kundenvorstellungen entspricht. Andreas Jahn, Experte für Machine-Learning, zeigt mir das Foto einer Schweißnaht auf seinem Laptop. Darüber liegt eine Art Wärmebild: „Um die Visualisierung zu erstellen, trainieren wir ein Modell, das exakt auf den jeweiligen Prozess zugeschnitten ist. Während der ersten Projektphase sendet der Kunde uns Fotos einer Schweißnaht, unsere Algorithmen weisen dann auf signifikante Bereiche hin. So prüfen wir unser Modell.“ Problematische Stellen – Verfärbungen, zu dicke oder zu dünne Nähte – sind auf dem Bild tiefrot gefärbt.
Das Spannende: „Genau die Bereiche, die der Kunde ins Auge fassen würde, markiert auch die KI. Nur schneller, ohne Unterbrechung und ohne Schwankungen. Das schafft Vertrauen in die Lösung und die Auswertung kann später direkt an der Maschine erfolgen.“ Ohne diese Form der KI wären viele Kundenprobleme nicht zu lösen. „Das Quellcodeschreiben wäre viel zu aufwändig. Heute drücken wir ‚Start‘ und die KI-Lösung berechnet automatisiert ein Modell. Das reduziert den Programmieraufwand enorm – und schafft uns Kapazität zur Umsetzung von mehr Kundenprojekten.“
Keine Angst vor künstlicher Intelligenz
Zurück nach Ditzingen. Zum Abschluss meiner Tour spreche ich mit den Kollegen, bei denen alle KI-Projekte zusammenlaufen: Volker Nestle, Leiter Zentralbereich Forschung und Entwicklung, und Jens Ottnad, Gruppenleiter der Vorentwicklung. „Die Aufgaben und Maschinen werden komplexer. Und das so schnell wie nie zuvor“, sagt Nestle. „KI hilft uns, das zu beherrschen und entlastet von mühsamen Routine-Aufgaben.
Wir können uns heute nicht vorstellen, was alles möglich sein wird.“ Fest steht nur: KI verändert die Arbeitswelt. Schon jetzt. „Es wäre unklug, die Entwicklung aufzuhalten“, sagt Ottnad. „Gedankenspiele zu Maschinen, die die Macht übernehmen, eignen sich vielleicht für Hollywood, mit unserer Arbeit hat das rein gar nichts zu tun. KI ist ein Werkzeug, mit dem wir unsere Maschinen in Zukunft noch besser machen können.“
Künstliche Intelligenz: Eine Frage der Ethik
Trotzdem: Die Diskussion ethischer Fragestellungen bei der Nutzung von KI ist gerade am Standort Deutschland besonders wichtig. Nicht für alle Nationen hat dies einen hohen Stellenwert. „Wir müssen aufpassen, dass uns ethisch-moralische Fragen nicht blockieren und gegenüber anderen Nationen Nachteile generieren. Ein besonders verantwortungsvoller Umgang mit der KI – von der Forschung bis hin zur Anwendung – könnte aber unser Alleinstellungsmerkmal werden“, sagt Nestle. Auch in Zukunft strahlen so die TRUMPF Maschinen mit klaren Formen, reinem Weiß, dunklem Blau und – künstlicher Intelligenz.