Die Schonzeit für E-Auto-Bauer ist vorbei. Welche Schonzeit? Hatten es die Hersteller von E-Autos nicht immer besonders schwer?
Wer Elektroautos baute, war oft Forscher, Idealist, irgendwie auch immer Pionier. Und klar: Die E-Pioniere wurden anfangs ignoriert oder belächelt. Sie kämpften mit Zweifeln an der technischen Umsetzbarkeit, an der Reichweite und am Geschäftsmodell. Mussten immer hoffen, dass die Käufer bereit sind, ein paar Tausender extra hinzulegen. Aber eines mussten sie nie: Volumen bringen.
Wer Elektroautos baute, brauchte Geduld, verdammt optimistische Investoren, gute Nerven und einen Markt. Was er bisher nie brauchte, war eine Lösung für die Bestellung: „Dieses Teil hundertausendmal, bitte. Pro Monat.“ Die Budgets waren zwar schmal, aber bei den kleinen Produktionsskalen musste sich niemand den Kopf darüber zerbrechen, ob Verfahren x gegenüber Verfahren y einen halben Cent pro Arbeitsschritt einspart.
China entscheidet, der Rest folgt
Diese Schonzeit ist jetzt vorbei. Das E-Auto für die Massen kommt. Die meisten Regierungen in Europa und Amerika wollen es so und buttern viel Geld in diese Zukunftsvision. Aber eigentlich ist es völlig egal, was Europäer oder Amerikaner tun—das Spiel um den E-Trend entscheidet sich sowieso im Auto-Leitmarkt China.
Und hier sind die Würfel gefallen. Ab 2019 gilt für die Hersteller eine Quote von zehn Prozent Elektrofahrzeugen—bei jährlich 30 Millionen Neuzulassungen. Selbst verhaltene Prognosen gehen daher davon aus, dass schon 2025 die Hälfte aller Neu-Pkw weltweit elektrifiziert sein wird—also reine E-Autos oder Hybridfahrzeuge mit und ohne Einsteckbuchse sind.
Die Babys, die heute mit dem Verbrennerauto aus der Geburtsklinik geholt werden, wird man in sieben Jahren mit dem E-Auto zur Schule kutschieren.
Der schnelle Umbruch als Chance
Zeit also, Techniken für die Massenproduktion zu entwickeln. Die gute Nachricht ist: Der beschleunigte Umbruch in der Antriebstechnik bietet alle Chancen für Newcomer. Es ist noch überhaupt nicht ausgemacht, wo bei den künftigen E-Autos die Wertschöpfung entsteht, wer hier eigentlich den Reibach machen wird.
Gut möglich etwa, dass sich die großen Autohersteller von heute in zehn Jahren auf das Design von Karosserie und Innenraum zurückziehen und Batterien oder E-Motoren nur noch zukaufen.
Wie auch immer es ausgeht—jetzt heißt es clever sein und hocheffiziente Fertigungsmethoden für E-spezifische Bauteile entwickeln. Die Automobilindustrie hat schon in den vergangenen 30 Jahren gezeigt, dass sie mit dem Laser für die Materialbearbeitung ein Werkzeug in den Händen hält, mit dem sie flexible und präzise Arbeitsschritte in kürzester Zeit ausführen kann. Viele Komponenten bleiben ja: Karosserie, Innenraum, Leichtbau, Bremsen und so weiter. Auch das E-Auto 2025 braucht noch Türen. Hier wissen die Hersteller schon, wie effiziente Produktion geht. Aber jetzt tun sich drei neue Fronten auf: Batterien, elektrischer Antrieb und Hochleistungselektronik. Derzeit werden etwa zwei Millionen E-Autos pro Jahr verkauft. In wenigen Jahren sollen es laut Schätzungen schon 40 Millionen sein. Um das alles zu schaffen, wird ein Großteil der Industrie wieder auf die Lasermaterialbearbeitung setzen.
Drei Mal Batterien
Was gerne ganz flott „Batterie“ genannt wird, ist in Wahrheit ein komplexes Gebilde. Für die effiziente Produktion von Stromspeichern für die Elektromobilität sind folgende drei Komponenten entscheidend: Batteriezelle, Batteriemodul, Batteriepack.
Lithium-Ionen-Batteriezellen bestehen aus mehreren Schichten hauchdünner Folien aus Kupfer und beschichtetem Aluminium sowie sogenannten Elektrodenfolien aus Lithium-Metalloxid (Kathode) und Grafit (Anode). Die verschiedenen circa 100 Mikrometer starken Folien lassen sich am besten mit einem Kurzpulslaser zuschneiden.
Nachdem das flüssige Elektrolyt eingefüllt wurde, schließt man die Zelle mit einem Deckel und bringt ein Überdruckventil an. Diese Schweißungen müssen absolut dicht sein, dürfen aber auf keinen Fall zu tief reichen, da die Zelle sonst kaputtgeht. Auch hier greifen Hersteller von Batteriezellen gerne auf den fein arbeitenden und zuverlässigen Laser zurück.
Der heutige Markt für Batteriezellen ist allerdings schon weitgehend aufgeteilt unter Großherstellern in China, Südkorea und Japan. Der Markt für Batteriemodule hingegen ist noch offen—ab hier gibt es noch keinen Standard.
Wobbeln gegen das Dilemma
Für ein Batteriemodul setzt man üblicherweise neun bis zwölf Zellen zusammen. Damit sie ihre Kräfte vereinen können, müssen ihre Pole kontaktiert werden. Dazu nimmt man in der Regel rund 0,3 Millimeter dicke Bleche aus Kupfer oder Aluminium. Diese sogenannten Ableiter bringen den Strom aus den Zellen oder in sie hinein und werden per Überlappstoß verschweißt.
Eine simple Aufgabe, könnte man meinen, aber der Bearbeiter steht hier vor einem echten Dilemma: Schweißt er aus Versehen in die mit Chemie vollgestopfte Zelle ein oder erhitzt sie auf mehr als 80 Grad Celsius, brennt der Akku ab und das war’s.
Das spräche für eine mit einer fein definierten Einschweißtiefe gezogene Naht, nahe am Minimum für eine dauerhafte, stabile Verbindung. Jedoch: Die Hauptaufgabe der Naht ist es nicht, die Teile zusammenzuhalten, sondern Strom effizient zu transportieren. Und hierfür kommt es wiederum auf geringen Widerstand und viel Kontaktfläche an, sprich: je breiter, desto besser.
Das Laserschweißen per Scanner löst dieses Dilemma mit Wobbeln. Die Scanner-Vorrichtung positioniert den kleinen Laserspot automatisch an der korrekten Stelle und lässt ihn über das Blech oszillieren. Das Ergebnis ist eine sehr feine, sehr lange Naht, die eine große Kontaktfläche bietet.
Die drei Elemente einer E-Auto-Batterie: die einzelnen Batteriezellen, die Batteriemodule und der Batteriepack. Im Auto selber werden mehrere Module aus verbundenen Batteriezellen zusammen als Batteriepack verbaut. (Bild: Gernot Walter)
Beim Wobbeln oszilliert ein scannergeführter Fokusfleck spiralförmig. An Batteriemodulen oder Sammelschienen entstehen so ohne Zusatzmaterial feine Nähte mit großer Kontaktfläche. (Bild: Gernot Walter)
Anstatt einer Wicklung im elektrischen Motor: Sogenannte Hairpins — rechteckige Kupferdrähte — stecken in einem Stator. Die überstehenden Enden werden zusammengedrückt und per Scanner lasergeschweißt. (Bild: Gernot Walter)
Das zweite Killerfeature des Scannerschweißens ist seine enorme Geschwindigkeit: Der Laser arbeitet auf Abstand. Das Werkzeug muss nicht umständlich an den Schweißpunkt heranfahren, sondern erledigt in der Minute viele Schweißungen im Vorübergehen. Kürzeste Taktzeiten und hohe Qualität—genau so, wie es die Automobiler lieben.
Beim Kontaktieren der Sammelschiene—auch Busbar genannt—stellt sich ein ähnliches Problem wie bei den Ableitern. Die Schiene läuft in einem Modul um alle Batteriezellen herum und sammelt allen Strom ein. Bei den Kontaktschweißungen handelt es sich auch noch oft um Mischverbindungen aus den hochreflexiven Materialien Kupfer und Aluminium. Scheibenlaser stecken die starken Rückreflexionen locker weg. Und auch hier zeigen sich das scannergeführte Schweißen per Scheibenlaser und das Wobbeln als die ideale Lösung.
Der Batteriepack schließlich ist das, was als Akkueinheit in den Pkw hineinkommt. Um einen idealen Schwerpunkt für das Fahrzeug zu bekommen, packt man die vielen Batteriemodule in einer flachen Wanne zusammen und platziert sie am Unterboden des Autos, ein paar Zentimeter über dem Asphalt. Der Pack muss dicht sein—es darf keine Chemie raus auf den Boden tropfen und auch kein Wasser von der Straße in den Kasten spritzen. Und wie bei einem Benzintank sollte er nicht nur im Normalbetrieb heil bleiben, sondern auch bei Crashs.
Die Hersteller schweißen die fünfseitig dichten Wannen aus Stahlkomponenten, Aluminium und anderen Blechen hochproduktiv per Scheibenlaser zusammen—absolut dicht. Ist die Wanne fertig, kleben sie beispielsweise den Deckel drauf. Und auch hier kommt wieder ein Laser ins Spiel: Er reinigt und strukturiert die Oberfläche zur Klebevorbereitung. Auch wenn die Produktionsmenge der Batteriepacks steigt, werden die Laser in den Werkshallen bleiben.
Denn während die Normalo-Wanne dann wahrscheinlich tiefgezogen wird, schweißen die Laser die Teile für Varianten und kleine Spezialserien—etwa für das tiefergelegte Cabrio, das eine flachere Batteriewanne braucht als das Standardmodell.
Schneller zum Elektroantrieb
Auf der Suche nach einem Weg, hohe Stückzahlen zu schaffen, stehen auch im Elektromotor einige etablierte, aber behäbige Herstellungsmethoden auf dem Prüfstand. Zum Beispiel das Wickeln. Üblicherweise bekommen die Statoren in Elektromotoren eine Wicklung aus Kupferdraht verpasst.
Wie mit einer Stricknadel wird jede einzelne Nut des Stators umwickelt—rein und raus, rein und raus. Das zieht sich hin und lässt sich nur schwer automatisieren. Die Autoindustrie sieht die Grenzen der Produktivität erreicht und setzt auf eine neue Technik: Hairpins. Hier schießt eine Druckluftpistole einen rechteckigen Kupferdraht, einer Haarnadel ähnlich, einfach in die komplette Nut hinein.
Das Verfahren ist um einiges schneller — ein Schuss und drin — und füllt den Zwischenraum komplett mit Kupfer aus, was für eine höhere Effizienz des Motors sorgt. Die überstehenden Hairpins auf beiden Seiten werden anschließend mittels einer Maske zusammengedrückt, ineinander verdreht oder verklemmt.
Das Problem ist: Nicht immer stehen die Hairpins danach ideal zueinander. An manchen Stellen gibt es unschöne Spalten. Jetzt schlägt wieder die Stunde des Scannerschweißens: Eine Kamera in der Laseroptik orientiert sich im Raum und entdeckt in Sekundenbruchteilen den idealen Schweißpunkt. Der Fokus oszilliert und in etwas mehr als einer Minute sind alle 200 Schweißungen pro Motor erledigt und der nächste Motor kann zum Kontaktieren kommen.
Der zweite Vorteil des hochpräzisen Scanner-Laserschweißens bei Hairpins: Der Überhang der Schweißnaht reduziert sich auf nahe null. Die Nuten und Hairpins können näher aneinanderrücken: Der Bauraum des Motors verringert sich.
Zu diesem Zeitpunkt sehen die Kupfernadeln einen Laser übrigens schon zum zweiten Mal: Denn ein gepulster Nanosekundenlaser hat ihnen vorher schon den Isolationslack entfernt—entweder direkt am Coil oder schon am vereinzelten Stück. Mechanische Verfahren zur Entlackung wie Hobeln oder Fräsen können hier schon lange nicht mehr mit der geforderten Produktivität mithalten.
Mobile Leistungselektronik
Ladestecker, Stromwandler, Gleichrichter, Batteriemanagement — zum ersten Mal hält diese Art von Leistungselektronik massenhaft Einzug in Autos und in die dazugehörige Ladeinfrastruktur. Musste die Elektronik in einem fossilen Auto nur mit einer 48-Volt-Batterie klarkommen, haben wir beim E-Auto schnell mal Spannungen von 800 Volt.
Auch hier stehen die Hersteller solcher Leistungselektronik vor der Frage: Wie können wir solche Komponenten massenhaft produzieren? Und: Wie kriegen wir das alles möglichst klein? Denn beim Autobau geht es um Millimeter—bei Bauraum und Packmaß. Da sind den Ingenieuren selbst die millimetergroßen Füße der Kontakte zu groß.
Und Schweißspritzer beim Kontaktieren werden schnell zum essenziellen Problem: Jeder größere Spritzer kann das schon fast fertige Elektronikbauteil sofort auf den Schrotthaufen befördern. Oder noch schlimmer: Ein Spritzer haftet harmlos an, rüttelt sich jedoch irgendwann später bei voller Fahrt los und verursacht einen Kurzschluss. Das Auto bleibt stehen.
Beim Schweißen im Elektronikteil geht es aber so eng zu, dass Vorrichtungen, um Spritzer abzufangen, einfach keinen Platz haben. Also greifen die Ingenieure zum Scheibenlaser.
Zusammen mit spezieller Technologie, die zeitgleich zwei Schweißfokusse überlagert, schweißt der Laser auch in kleinteiliger, enger Umgebung nahezu spritzerfrei. Die Füßchengröße der Kontakte kann dabei unter drei Millimetern bleiben, denn der Laser schweißt direkt in die Kehle. Wieder wertvolle Millimeter, die sich am Ende zum gesparten Bauraum summieren.
Gedacht, gemacht
Es gibt unzählige Professoren, Thinktanks, Firmen oder Politiker, die über die Zukunft der Mobilität nachdenken, mit unterschiedlichen Ergebnissen. Gemeinsam haben sie allerdings, dass alle zukunftsträchtigen Lösungen für Individualtransport elektrisch gedacht werden: etwa Carsharing oder autonomes Fahren. Die meisten Trendscouts haben das röhrende Auspuffauto schlicht vergessen—ein sicheres Zeichen, dass sein Zeitalter endet.
Auf der anderen Seite ist individuelle Mobilität so stark gefragt wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. In den nächsten fünf Jahren entscheidet sich, wer bei der Umstellung auf massenhafte E-Antriebe gewinnen oder verlieren wird. „E-Auto für alle“ heißt am Ende: „Mehr laserbasierte Massen- und Serienfertigung“.